I. |
Wahrung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars |
1.1 |
Der Notar ist unparteiischer Rechtsberater und Betreuer sämtlicher Beteiligten. |
1.2 |
1.2. Der Notar hat auch bei der Beratung und der Erstellung von Entwürfen sowie Gutachten
auf einseitigen Antrag seine Unparteilichkeit zu wahren. Dasselbe gilt für die gesetzlich
zulässige Vertretung eines Beteiligten in Verfahren, insbesondere in Grundbuch- und
Registersachen, in Erbscheinsverfahren, in Grunderwerbsteuer-, Erbschaft- und
Schenkungssteuerangelegenheiten sowie in Genehmigungsverfahren vor Behörden
und Gerichten. |
2 |
Weitere berufliche Tätigkeiten des Notars sowie genehmigungsfreie oder genehmigte Nebentätigkeiten dürfen seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährden. |
3 |
Der Anwaltsnotar hat rechtzeitig bei Beginn seiner Tätigkeit gegenüber den Beteiligten klarzustellen, ob er als Rechtsanwalt oder als Notar tätig wird. |
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II. |
Das nach § 14 Abs. 3 BNotO zu beachtende Verhalten |
1 |
Der Notar hat das Beurkundungsverfahren so zu gestalten, dass die vom Gesetz mit
dem Beurkundungserfordernis verfolgten Zwecke erreicht werden, insbesondere die
Schutz- und Belehrungsfunktion der Beurkundung gewahrt und der Anschein der
Abhängigkeit oder Parteilichkeit vermieden wird. Dies gilt insbesondere, wenn eine
große Zahl gleichartiger Rechtsgeschäfte beurkundet wird, an denen jeweils dieselbe
Person beteiligt ist oder durch die sie wirtschaftliche Vorteile erwirbt. Dazu gehört auch,
dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit eingeräumt wird, sich mit dem
Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen.
Demgemäß sind die nachgenannten Verfahrensweisen in der Regel unzulässig: |
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|
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a) |
systematische Beurkundung mit vollmachtlosen Vertretern; |
|
b) |
systematische Beurkundung mit bevollmächtigten Vertretern, soweit nicht durch
vorausgehende Beurkundung mit dem Vollmachtgeber sichergestellt ist, dass dieser
über den Inhalt des abzuschließenden Rechtsgeschäfts ausreichend belehrt werden
konnte; |
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c) |
systematische Beurkundung mit Mitarbeitern des Notars als Vertreter, ausgenommen
Vollzugsgeschäfte; gleiches gilt für Personen mit denen sich der Notar zur
gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat oder mit denen er gemeinsame
Geschäftsräume unterhält. |
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d) |
systematische Aufspaltung von Verträgen in Angebot und Annahme; soweit die
Aufspaltung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, soll das Angebot vom
belehrungsbedürftigeren Vertragsteil ausgehen; |
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e) |
gleichzeitige Beurkundung von mehr als fünf Niederschriften bei verschiedenen Beteiligten. |
2 |
Unzulässig ist auch die missbräuchliche Auslagerung geschäftswesentlicher
Vereinbarungen in Bezugsurkunden (§ 13 a BeurkG). |
III. |
Wahrung fremder Vermögensinteressen |
1 |
Der Notar hat ihm anvertraute Vermögenswerte mit besonderer Sorgfalt zu behandeln
und Treuhandaufträge sorgfältig auszuführen. |
2 |
Der Notar darf nicht dulden, dass sein Amt zur Vortäuschung von Sicherheiten benutzt
wird. Der Notar darf insbesondere Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten nicht zur
Aufbewahrung oder zur Ablieferung an Dritte übernehmen, wenn der Eindruck von
Sicherheiten entsteht, die durch die Verwahrung nicht gewährt werden. Anlass für eine
entsprechende Prüfung besteht insbesondere, wenn die Verwahrung nicht im
Zusammenhang mit einer Beurkundung erfolgt. |
3 |
Der Notar darf ihm beruflich anvertrautes Wissen nicht zu Lasten von Beteiligten zum
eigenen Vorteil nutzen. |
IV. |
Pflicht zur persönlichen Amtsausübung |
1 |
Der Notar hat sein Amt persönlich und eigenverantwortlich auszuüben. |
2 |
Der Notar darf die zur Erzeugung seiner elektronischen Signatur erforderliche
Signatureinheit von Zugangskarte und Zugangscode (sichere
Signaturerstellungseinheit) nicht Mitarbeitern oder Dritten zur Verwendung überlassen.
Er hat die Signatureinheit vor Missbrauch zu schützen. |
3 |
Der Notar darf lediglich vorbereitende, begleitende und vollziehende Tätigkeiten
delegieren. In jedem Fall muss es den Beteiligten möglich bleiben, sich persönlich an
den Notar zu wenden. Es darf kein Zweifel daran entstehen, dass alle Tätigkeiten der
Mitarbeiter vom Notar selbst verantwortet werden. |
4 |
Der Notar ist verpflichtet, Beschäftigungsverhältnisse so zu gestalten, dass es zu
keiner Beeinträchtigung oder Gefährdung der persönlichen Amtsausübung kommt. |
5 |
Vertretungen des Notars dürfen nicht dazu führen, dass der Umfang seiner
Amtstätigkeit vergrößert wird. |
V. |
Begründung, Führung, Fortführung und Beendigung der Verbindung zur
gemeinsamen Berufsausübung oder sonstiger zulässiger beruflicher
Zusammenarbeit sowie zur Nutzung gemeinsamer Geschäftsräume |
1 |
Die Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung, sonstige Formen beruflicher
Zusammenarbeit sowie die Nutzung gemeinsamer Geschäftsräume dürfen die
persönliche, eigenverantwortliche und selbständige Amtsführung des Notars, seine
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sowie das Recht auf freie Notarwahl nicht
beeinträchtigen. |
2 |
Dies haben auch die insoweit schriftlich zu treffenden Vereinbarungen zwischen den beteiligten Berufsangehörigen zu gewährleisten (§ 27 Abs. 2 BNotO). |
VI. |
Die Art der nach § 28 BNotO zu treffenden Vorkehrungen |
1.1 |
Vor Übernahme einer notariellen Amtstätigkeit hat sich der Notar in zumutbarer Weise
zu vergewissern, dass Kollisionsfälle im Sinne des § 3 Abs. 1 BeurkG nicht bestehen. |
1.2 |
Der Notar hat als Vorkehrungen i.S. d. § 28 BNotO Beteiligtenverzeichnisse oder
sonstige zweckentsprechende Dokumentationen zu führen, die eine Identifizierung der
in Betracht kommenden Personen ermöglichen. |
2 |
Der Notar hat dafür Sorge zu tragen, dass eine zur Erfüllung der Verpflichtungen aus
§ 3 Abs. 1 BeurkG und § 14 Abs. 5 BNotO erforderliche Offenbarungspflicht zum
Gegenstand einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung gemacht wird, die einer
gemeinsamen Berufsausübung oder der Nutzung gemeinsamer Geschäftsräume
zugrunde liegt. |
3.1 |
Der Notar hat Gebühren in angemessener Frist einzufordern und sie bei Nichtzahlung
im Regelfall beizutreiben. |
3.2 |
Das Versprechen und Gewähren von Vorteilen im Zusammenhang mit einem
Amtsgeschäft sowie jede Beteiligung Dritter an den Gebühren ist unzulässig.
Insbesondere ist es dem Notar verboten, |
|
a) |
ihm zustehende Gebühren zurückzuerstatten, |
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b) |
Vermittlungsentgelte für Urkundsgeschäfte oder |
|
c) |
Entgelte für Urkundsentwürfe zu leisten; |
|
d) |
zur Kompensation von Notargebühren Entgelte für Gutachten oder sonstige
Leistungen Dritter zu gewähren oder auf ihm aus anderer Tätigkeit zustehende Gebühren
zu verzichten. |
3.3 |
Durch die Ausgestaltung der einer beruflichen Verbindung zugrunde liegenden
Vereinbarung ist sicherzustellen, dass die übrigen Mitglieder der beruflichen
Verbindung keine Vorteile gewähren, die der Notar gemäß Nummer 3.2. nicht
gewähren darf. |
VII. |
Auftreten des Notars in der Öffentlichkeit und Werbung |
1.1 |
Der Notar darf mittels analoger und digitaler Kommunikationsmittel über die Aufgaben,
Befugnisse und Tätigkeitsbereiche der Notare öffentlichkeitswirksam unterrichten,
auch durch Veröffentlichungen, Vorträge und Äußerungen in den Medien. |
1.2 |
Werbung ist dem Notar insoweit verboten, als sie Zweifel an der Unabhängigkeit oder
Unparteilichkeit des Notars zu wecken geeignet oder aus anderen Gründen mit seiner
Stellung in der vorsorgenden Rechtspflege als Träger eines öffentlichen Amtes nicht
vereinbar ist. |
1.3 |
Mit dem öffentlichen Amt des Notars unvereinbar ist ein Verhalten insbesondere, wenn |
|
a) |
es auf die Erteilung eines bestimmten Auftrags oder Gewinnung eines bestimmten Auftraggebers gerichtet ist, |
|
b) |
es durch Form, Inhalt, Häufigkeit oder auf sonstige Weise den Eindruck der
Gewerblichkeit vermittelt, insbesondere den Notar oder seine Dienste reklamehaft
herausstellt, |
|
c) |
es eine wertende Selbstdarstellung des Notars oder seiner Dienste enthält, |
|
d) |
der Notar ohne besonderen Anlass allgemein an Rechtsuchende herantritt, |
|
e) |
es sich um irreführende Werbung handelt. |
1.4 |
Der Notar muss darauf hinwirken, dass eine dem öffentlichen Amt widersprechende
Werbung durch Dritte unterlassen wird. Amtswidrige Drittwerbung kann zum Anschein
der Abhängigkeit und Parteilichkeit des Notars führen. |
2.1 |
Der Notar darf im Zusammenhang mit seiner Amtsbezeichnung akademische Grade
und den Professorentitel führen. |
2.2 |
Hinweise auf bestehende oder ehemalige weitere Tätigkeiten im Sinne von § 8 Abs.
1,3 und 4 BNotO und Ehrenämter sowie auf Auszeichnungen sind im Zusammenhang
mit der unmittelbaren Amtsausübung unzulässig. |
3 |
Der Notar darf sich nur in solche allgemein zugängliche Verzeichnisse aufnehmen
lassen, die allen im Verbreitungsgebiet des Verzeichnisses ansässigen Notaren
gleichermaßen offen stehen. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung seiner
Auffindbarkeit, insbesondere auch Zusatzleistungen zur bloßen Eintragung, darf der
Notar nur insoweit ergreifen bzw. in Anspruch nehmen, als diese einer unbegrenzten
Anzahl von Leistungsempfängern zur Verfügung stehen. Für elektronische
Veröffentlichungen, insbesondere Suchmaschinen, gelten die vorstehenden
Grundsätze entsprechend. |
4 |
Der Notar darf sich an Informationsveranstaltungen in Präsenz sowie über analoge und
digitale Kommunikationsmittel jeder Art, bei denen er in Kontakt mit dem
rechtsuchenden Publikum tritt, beteiligen. Er hat dabei die Regelungen der Nummern
1 und 2 zu beachten. |
5 |
Der Notar darf Broschüren, Faltblätter und sonstige Informationsmittel über seine
Tätigkeit und zu den Aufgaben und Befugnissen der Notare in der Geschäftsstelle
bereithalten. Zulässig ist auch das Bereithalten dieser Informationen im Internet. Die
Verteilung oder Versendung von Informationen ohne Aufforderung ist nur an bisherige
Auftraggeber zulässig und bedarf eines sachlichen Grundes.
|
6 |
Der Notar darf in Internet-Domainnamen keine notarbezogenen Gattungsbegriffe ohne
individualisierenden Zusatz verwenden. Die alleinige Verwendung der Bezeichnung
von Gemeinden oder sonstigen geografischen oder politischen Einheiten zur
Individualisierung ist untersagt, es sei denn, die angegebene Gemeinde oder Einheit
liegt im Amtsbereich keines anderen Notars. |
VIII. |
Beschäftigung und Ausbildung der Mitarbeiter |
1 |
Der Notar hat die Beziehungen zu seinen Mitarbeitern so zu gestalten, dass seine
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährdet werden. |
2 |
Der Notar hat seinen Mitarbeitern neben fachspezifischen Kenntnissen auch die
berufsrechtlichen Grundsätze und Besonderheiten zu vermitteln und für angemessene
Arbeitsbedingungen Sorge zu tragen. |
IX. |
Grundsätze zu Beurkundungen außerhalb des Amtsbereichs und der Geschäftsstelle |
1 |
Der Notar soll seine Urkundstätigkeit (§§ 20 bis 22 BNotO) nur innerhalb seines
Amtsbereichs (§ 10 a BNotO) ausüben, sofern nicht besondere berechtigte Interessen
der Rechtsuchenden ein Tätigwerden außerhalb des Amtsbereichs gebieten.
Besondere berechtigte Interessen der Rechtsuchenden liegen insbesondere dann vor,
wenn |
|
a) |
Gefahr im Verzug ist, |
|
b) |
der Notar auf Erfordern einen Urkundsentwurf gefertigt hat und sich danach aus
unvorhersehbaren Gründen ergibt, dass die Beurkundung außerhalb des
Amtsbereichs erfolgen muss; |
|
c) |
der Notar eine nach § 21 GNotKG zu behandelnde Urkundstätigkeit vornimmt; |
|
d) |
in Einzelfällen eine besondere Vertrauensbeziehung zwischen Notar und Beteiligten,
deren Bedeutung durch die Art des vorzunehmenden Rechtsgeschäfts
unterstrichen werden muss, dies rechtfertigt und es den Beteiligten unzumutbar ist,
den Notar in seiner Geschäftsstelle aufzusuchen. |
2 |
Der Notar darf Amtsgeschäfte außerhalb der Geschäftsstelle vornehmen, wenn
sachliche Gründe vorliegen. |
3 |
Eine Amtstätigkeit außerhalb der Geschäftsstelle ist unzulässig, wenn dadurch der Anschein von amtswidriger Werbung, der Abhängigkeit oder Parteilichkeit entsteht
oder der Schutzzweck des Beurkundungserfordernisses gefährdet wird. |
X |
Fortbildung |
1 |
Der Notar hat die Pflicht, seine durch Ausbildung erworbene Qualifikation in eigener
Verantwortlichkeit zu erhalten und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass
er den Anforderungen an die Qualität seiner Amtstätigkeit durch kontinuierliche
Fortbildung gerecht wird. |
2 |
Auf Anfrage der Notarkammer ist der Notar verpflichtet, über die Erfüllung seiner
Fortbildungspflicht zu berichten. |
XI. |
Besondere Berufspflichten im Verhältnis zu anderen Notaren, zu Gerichten,
Behörden, Rechtsanwälten und anderen Beratern seiner Auftraggeber |
1.1 |
Der Notar hat sich kollegial zu verhalten und auf die berechtigten Interessen der
Kollegen die gebotene Rücksicht zu nehmen. |
1.2 |
Notare haben bei Streitigkeiten untereinander eine gütliche Einigung zu versuchen.
Bleibt dieser Versuch erfolglos, so sollen sie eine gütliche Einigung durch Vermittlung
der Notarkammer versuchen, bevor die Aufsichtsbehörde oder ein Gericht angerufen
wird. |
2 |
Ist das Amt eines Notars erloschen oder wird sein Amtssitz verlegt, so ist der
Amtsinhaber, dem die Landesjustizverwaltung die Verwahrung der Bücher und Akten
übertragen hat (§ 51 BNotO) dazu verpflichtet, die begonnenen Amtsgeschäfte
abzuwickeln. |
3.1 |
Ein Notar, dessen Amt erloschen ist, ist verpflichtet, dem Notariatsverwalter für die
Verwaltung das Mobiliar, die Bibliothek und die EDV (Hardware und Software) zu
angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. |
3.2 |
Hat ein Notar, dessen Amt erloschen oder dessen Amtssitz verlegt worden ist, seine
Bücher und Akten auch mittels elektronischer Datenverarbeitung geführt, so ist er
verpflichtet, dem Notariatsverwalter und dem Notar, dem die Landesjustizverwaltung
die Verwahrung seiner Bücher und Akten übertragen hat (§ 51 BNotO), den Zugriff auf
die gespeicherten Daten (Dateien) kostenlos zu ermöglichen. Die Weitergabe der
Datenträger bzw. die Bereithaltung der Daten (Dateien) zur Übertragung auf ein
anderes System hat ebenfalls unentgeltlich zu erfolgen.
Etwaige Kosten einer notwendigen Datenkonvertierung braucht der die Daten
überlassende Notar nicht zu übernehmen. |
3.3 |
Für einen vorläufig amtsenthobenen Notar gelten die Nummern. 3.1. und
3.2. entsprechend. |
4 |
Begibt sich der Notar nach Maßgabe des § 11 a BNotO ins Ausland, unterstützt er
einen im Ausland bestellten Notar oder nimmt er die kollegiale Hilfe eines im Ausland
bestellten Notars in Anspruch, hat er seinen Kollegen in gebotenem Maß darauf
hinzuweisen, welchen berufsrechtlichen Bestimmungen er selbst unterliegt. |
XII. |
Inkrafttreten |
|
Die Richtlinien treten einen Monat nach ihrer Bekanntmachung im Justiz-Ministerial-
Blatt für Hessen in Kraft. |